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Glauchauer Geschichte(n) - die Glauchauer Notgeldserien von 1921- Auszug aus: Notgeld und Zahlungsersatzmittel im Bezirk der Amtshauptmannschaft und späterem Kreis Glauchau - von Steffen P. Walther, Glauchau 2004

> Diese Notgeldscheine waren auch als Zahlungsmittel im Umlauf und wurden von der Stadtkasse wieder eingelöst!

    Jede Serie hat ihre eigene historische Bezugsgeschichte. Auf dem Buttermilchgeld wird dargestellt, wie der Buttermilchturm, das Glauchauer Mitteltor, zu seinem Namen gekommen sein soll.

    Im Jahre 1697 verweigern Bauern die Lieferung der von ihnen geforderten Buttermilch. Daraufhin läßt Bürgermeister Anton Schindler diese Bauern in das Mitteltor sperren, welches als Fronfeste diente. Jedoch schien ihm diese Strafe nicht genug und er zwingt sie deshalb, ein Faß Buttermilch auszutrinken. Seit dieser Zeit soll das Tor seinen Beinamen tragen. Es gibt jedoch noch einige andere Geschichten, die den Name erklären wollen. So z. B. ging die Uhr des Turmes ständig verkehrt und man soll, gemessen vom pünktlichen Schlag der Rathausuhr bis zum Schlag der Uhr im Tor, in dieser Zeit Buttermilch zum kochen gebracht haben. Der Turm wurde 1890 abgerissen, da sein Tor für das ständig steigende Verkehrsaufkommen zu eng war.

Auf den Scheinen des Glauchau-Meeraner Bierkrieg´s ist in abgewandelter humoristischer Form eine wahre Begebenheit aus dem Jahre 1702 dargestellt. Den Streit über die Qualität des Glauchauer und Meeraner Bieres soll der Glauchauer Bäckergeselle (Weißbäcker) Melchior Lämmel - 1698 nach über 14jährigem Aufenthalt aus Ostindien zurückgekehrt - geschlichtet haben. Gleichzeitig damit soll er aber die Ursache für den folgenden Bierkrieg geliefert haben.

    Am 17. Oktober fiel die brauende Bürgerschaft nach Schönbörnchen aus und tranken beim Mehlhans ein Viertel Bier aus (natürlich ohne zu bezahlen!), das von Meerane eingeführt worden war. Am 25. Oktober wurde der Ausfall wiederholt, und es wurden zwei Viertel Meeranisches Bier ausgetrunken. Aber der Hauptmann von der Mosel stellte sich, als Gerichtsherr, mit seinen Leuten und Untertanen von Oberschindmaas zur Wehre und schoss vier mal unter die Glauchauer Bürger, tötete aber dabei seinen eigenen Richter. Doch wurden auch viele von den Bürgern verletzt. Der Hauptmann von der Mosel selbst wurde in seine beiden Hände gehauen und zwei Flinten wurden auf seinem Kopf zerschlagen.

    1705 entstand daraufhin wegen der Braugerechtigkeit ein heftiger Prozeß zwischen Glauchau und Meerane. Meerane klagte auf Schadenersatz wegen des vielfach weggenommenen Bieres und verlangte 8778 Thaler und brachte die Sache 1706 vor die kursächsischen Gerichte. Die Folgen des Prozesses machten sich 1711 bemerkbar. Glauchau erklärte, als böhmisches Lehen könne es sich dem Urteil der kursächsischen Gerichte nicht unterwerfen und war in diesem Widerspruch von der k. k. Regierung nur bestärkt worden. Dagegen ließen die Grafen von Schönburg, die ja durch ihre Reverse vielfach gebunden waren, die Akten nach Dresden gelangen. Als deshalb die brauende Bürgerschaft zu Glauchau Anzeige an die k. böhmischen Lehensbehörden erstattete, forderte das k. böhmische Appellationsgericht zu Prag die Grafen, wie die Stadt Meerane auf, binnen sechs Wochen vor ihm zu stellen. Aber weder die Grafen noch Meerane kamen der Ladung nach.

    Da nun Kursachsen mit erhöhten Strafauflagen die brauende Bürgerschaft zu Glauchau vor das Amt Zwickau gefordert, so verbot der Kaiser derselben, sich zu stellen, und wiederholte an Meerane die Citation bei 1000 Taler Strafe. Während nun Glauchau gegen den Kurfürsten protestierte, tat Meerane ein gleiches gegenüber dem Kaiser. Nun wurde von Kursachsen die Strafe gegen Glauchau verdoppelt; von den Grafen von Schönburg aber verlangten die kaiserlichen Behörden, dass sie von der Stadt Meerane die 1000 Taler Strafe einzögen. Da Glauchau die Strafe nicht erlegte, so erging gegen dasselbe die Execution der Zwickauer Landgerichte am 14. April 1711. Als die Grafen von Schönburg nichts dagegen taten, zeigte die Bürgerschaft den Landgerichten die k. k. Verfügungen und vertrieb die 6 bis 7 Mann, welche aber weichend erklärten, sie würden wiederkommen.

    Kurz darauf wurde ein Glauchauer Bürger, Georg Andreas Halbrock, Ratsweinschenk und Stadtvoigt, der nach Zwickau Geschäfte halber sich begeben, dort gefangen genommen und zur Inquisition gezogen, weil er sich den sächsischen Befehlen nicht submittieret. Am 1. September rückten 200 kursächsische berittene Dragoner in Glauchau ein, marschierten auf dem Markt auf, und der Bürgerschaft wurde befohlen, sich auf dem Rathause einzufinden. Dann besetzten 6 Mann die obere Tür und ließen Niemanden sich entfernen. Auf dem Rathaus erschien nun auch die Zwickauer Gerichtskommission und lasen sich die am schwersten kompromittierten Bürger aus, insgesamt 9 Bürger. Am folgenden Tage wurden noch weitere 10 Personen verhaftet. Das Exequieren dauerte drei Tage, 2000 fl. wurden dabei zusammengebracht und etliche Exzesse verübt. Erst 1729 fand der Prozeß mit dem Sieg der Glauchauer Braukommunen sein Ende, wobei sich aber zeigte, dass die alten verbrieften Rechte nicht mehr in vollem Umfang aufrechterhalten werden konnten. Die Brauberechtigten von Glauchau konnten nicht verhindern, dass auch in der Glauchauer Umgebung fremde Biere ausgeschenkt wurden.

    Auch das auf dem Bebelgeld geschilderte Ereignis hat tatsächlich stattgefunden. Folgend dazu im Wortlaut ein Brief  des Stadtrates Glauchau an die Ratsdruckerei Dulce:
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Stadt Glauchau

                                    Glauchau, 15. April 1921.  

                             An
Firma R. Dulce, Ratsdruckerei,             
                           Glauchau.   
                                ===============  

     Unter Bezugnahme auf die Unterredung des Unterzeichneten  
mit den Herren  K l u n k e r  und  K i n d e r  teilen wir   
Ihnen aus den Polizeiakten über den ,,Sozialdemokratischen Agitator   
B e b e l  folgendes mit:                                     
     Ferdinand August B e b e l , Drechslermeister in Leipzig, 
war Reichstagsabgeordneter für Glauchau von 1867 bis 1877. Bebel war der erste    
Sozialdemokrat, welcher als Abgeordneter einzog. Ende 1867 hielt er sich einmal in Glau=  
chau auf. Die Polizei beschäftigte sich damals außerordentlich mit ihm,
da er als staatsgefährlich galt. Bebel hatte Humor genug, um   
die dauernde Beobachtung durch die Polizei zu ertragen. Eines  
Tages rächte er sich an ihr dadurch, daß er vom Marktplatz bis 
zum Buttermilchturm auf und ab spazierte. Er hielt die Hände 
auf dem Rücken und trug dabei eine auffällig große Blutwurst.
Der Polizeiwachtmeister mußte zu seinem großen Ärger und zum 
Gespött der gesamten Bevölkerung dauernd dieser Wurst nachlau=
fen. Bebel wurde dann im Glauchauer Bezirksgericht eingesperrt.

Es wurde auf ihn folgender Vers geprägt:              
      ,,Verhöhnt den gefangenen Bebel nicht,          
      Er sitzt im Glauchauer Bezirksgericht.”       
     Wir geben anheim, diese kleine Geschichte zu Scheren=
schnitt zu verwenden. Herr  K i n d e r müßte sich dazu
äußern, zu welchem Preise er die Entwürfe anfertigen will.
Es ist uns gleichgültig, ob er den Auftrag von uns oder 
von der Firma Dulce annehmen will. Der Einfachheit
halber würden wir vorschlagen, direkt mit der Firma Dulce
das Vertragsverhältnis abzuschließen.                 
      Wir überreichen zu treuen Händen 2 Bilder: von August
B e b e l   und dem Polizeiwachtmeister   S c h ü r e r .  
      Um Rückgabe der Bilder wird ersucht.              

        Der Stadtrat.         
                   (gez.)  Dr. Sch.                     

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    August Bebel, der am 22.2.1840 in Deutz bei Köln geboren wurde, begann 1854 seine Drechslerlehre. Am 7.5.1860 traf er in Leipzig ein und wurde dort seßhaft. Im Januar 1864 machte er sich als Drechslermeister selbständig und ehelichte am 9.4.1866 Julie Otto. Bebel kandidierte für den Reichstag im 17. Wahlbezirk, Glauchau-Meerane. Des öfteren fand er sich dort zu Wahlkundgebungen ein, so z. B. auch am 21.1.1867 in Härtels Hotel in Meerane. Durch den preußischen König Wilhelm I. erfolgte am 24.2.1867 die Eröffnung des Norddeutschen Reichstages. Bebel wurde am 25.2.1867 während der konstituierenden Phase des Reichstages im 2. Wahlgang (Stichwahl) mit 7922 Stimmen (Gegenkandidat Strauß erhielt 4281 Stimmen) gewählt. Am 31.8.1867 erfolgte seine 2. Wahl in den Norddeutschen Reichstag mit 5256 Stimmen (von 8066). Am 17.12.1870 erfolgte eine  seiner Verhaftungen, und noch während dieser Haft wurde Bebel am 3.3.1871 mit 7344 Stimmen in den ersten deutschen Reichstag gewählt, dessen Mitglied er bis 1881 und dann wieder ab 1883 war (ab 1877 kandidierte er in Dresden-Altstadt). Von 12.7.1881 - 1891 war Bebel Mitglied des sächsischen Landtages. Mehrfach war er nach Urteilen in Haft. Am 13.8.1913 verstarb Bebel in Passugg (Schweiz) und seine Beisetzung fand am 17.8.1913 in Zürich statt.

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